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Zima Blue - Menschen und Roboter

Aktualisiert: 1. Apr. 2021

Essay für Designgeschichte


Zima Blue - Menschen und Roboter

Transzendenzfähigkeit, Modifizierungen und unsere Zukunft

Die Modifikationen des menschlichen Körpers schreiten immer weiter voran. Begonnen hat diese Entwicklung bereits vor über tausenden von Jahren und erreichte seinen „Wendepunkt“ mit der Industrialisierung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England ihren Anfang nahm. Der Mensch schafft sich technologische Hilfsmittel: von einfachen Werkzeugen in der Steinzeit, über die Erfindung der Dampflock, des ersten Taschenrechners, des Computers und des Internets bis hin zur Konstruktion von Raketen, die uns Menschen in den für uns wohl lebensfeindlichsten Raum und gleichzeitig die Wiege des Lebens bringen: das All. Doch, wie werden unsere Technologien in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten aussehen? Wie werden sie, unter anderem aufgrund von ökologischen Problematiken, aussehen müssen? In wie weit werden sie uns Menschen und unsere Körper noch beeinflussen? Die ersten technischen Implantate, die in den Menschen eingesetzt werden, gibt es ja bereits. Werden wir irgendwann zu Cyborgs, die wir nicht mehr vom natürlichen Menschen unterscheiden können? Hierbei fällt mir die Geschichte von Zima Blue ein:

Sie beginnt mit einem Mann namens Zima, über dessen früheres Leben nicht viel bekannt ist. Angeblich war er einst als Portraitmaler tätig, doch die menschliche Form schien ihm ein zu nichtiges Subjekt zu sein, weshalb er sich auf die Suche nach einem tieferen Sinn machte. Er blickte weiter als es je ein Mensch zuvor getan hatte – er blickte weit, bis in den Kosmos.

Er begann Wandbilder zu erschaffen mit Galaxien und Planeten. Sie galten damals als brillante Kunst. Eines Tages jedoch enthüllte Zima eine Leinwand, die etwas Besonderes an sich hatte: mitten im Bild befand sich ein kleines, beinah unscheinbar wirkendes, blaues Quadrat.

In den darauffolgenden Jahrzehnten hatten sich die abstrakten Formen geändert und gewannen zunehmend an Dominanz. Nur der blaue Farbton blieb derselbe – das sogenannte „Zima Blau“. Irgendwann enthüllte Zima eine vollkommen blaue Leinwand. Viele glaubten, dass das seine letzte Entwicklungsstufe als Künstler sein würde, doch weit gefehlt: Zima bemalte riesige Leinwände, die sogar vor ganze Planeten geschoben werden konnten. Diese Phase nannte man auch „seine blaue Phase“ – eine Ära seines künstlerischen Schaffens. Er erlangte seinen Ruhm durch seinen Sinn für Spektakel, weshalb er auch die Aufmerksamkeit von Menschen gewann, die sich eigentlich gar nicht für Kunst interessierten. Doch Ruhm war Zima nicht wichtig, trotz allem war er immer noch nicht zufrieden. Über 100 Jahre hatte er nicht mehr mit den Medien gesprochen. Wie alt er denn nun sein musste? Seinem Körper war das Alter jedenfalls nicht anzusehen, denn er war vollständig transformiert worden. Kybernetische Modifikationen waren damals zwar illegal, doch trotzdem unterzog er sich radikalen, biologischen Prozeduren, durch die er extreme Lebenswelten ohne Schutzanzug aushalten konnte. Seine Augen konnten jedes erdenkliche Spektrum sehen, er benötigte nicht einmal mehr Sauerstoff um zu existieren – nicht mal mehr das Atmen selbst. Seine Haut wurde vollständig durch ein druckdichtes Polymer ersetzt und mit diesen Modifikationen machte er sich auf eine Reise – eine Reise, um mit dem Kosmos zu kommunizieren. Seine Erkenntnis? Zima erkannte, dass der Kosmos bereits mit einer eigenen Wahrheit sprach und zwar weitaus besser als es Zima jemals könnte. Er entschließt sich, ein letztes Werk – seinen Sinn – der Welt zu präsentieren: einen Swimming-Pool. Was dieser Swimming-Pool mit seiner Geschichte zu tun hat? Dieser Pool gehörte vor langer Zeit einer talentierten jungen Frau, die ein großes Interesse an angewandter Robotik hatte. Sie erschuf viele Roboter, die ungeliebte Hausarbeiten erledigten. Besonders mochte sie den, der ihren Pool säuberte. Doch die Frau war mit dieser Arbeit nicht zufrieden und entwickelte ein Farberkennungssystem und ein kleines Gehirn, dass dem Roboter die Fähigkeit gab, eigene Entscheidungen zu treffen. Zunächst natürlich im kleinen Maße. Dieser Roboter war ihr Testobjekt um weitere Hard- und Software zu entwickeln, somit bekam der Roboter ein eigenes Bewusstsein und wurde größer. Eines Tages stirbt die Frau und der Roboter wird vom einen zum anderen weitergereicht. Man fügte Fähigkeiten hinzu, modifizierte ihn hier und da und mit jedem dieser Schritte wurde er lebendiger. Lebendiger? Ja, denn er wurde Schritt für Schritt mehr zu… Zima. Ein Schock! Zima eine Maschine?! Kein Mensch? Man könnte jetzt spekulieren, ob er teils Mensch, teils Maschine war oder eine Maschine, die dachte sie sei ein Mensch – Zima selbst konnte sich nur mühsam an das erinnern, was er einmal gewesen war. Die blauen Fließen im Pool – Fließen im „Zima Blau“ (wie es der Hersteller nannte) – waren das erste, dass Zima jemals „sah“. Sein Leben begann also als kleine, simple Maschine, die sich gerade einmal selbst steuern konnte. Sein letztes Werk bestand also darin, in den Pool einzutauchen und währenddessen langsam seine komplexen Gehirnfunktionen abzuschalten. Er dekonstruierte sich selbst – Zima wollte nur so viel zurück- lassen, dass er „seine Umgebung würdigen könne“. Er wollte die schlichte Freude spüren, eine Aufgabe gut erledigt zu haben. Die Suche nach der Wahrheit würde endlich vollendet sein. Er würde „nach Hause“ gehen und wieder das sein, was er einst war: ein kleiner Poolreinigungsroboter.

Eine fantastische Geschichte, doch letztendlich stellt diese viel mehr dar, als das, was wir oberflächlich darin erkennen mögen. Man kann sich eine Menge Fragen zu diesem Thema stellen: zum Beispiel, wie es sein kann, dass ein Roboter über 100 Jahre als ein modifizierter Mensch, als ein Cyborg, durchgehen konnte. Wie kann eine Maschine sich mit Kunst und transzendenten Sinnfragen beschäftigen? Wie kann es sein, dass er scheinbar der einzige seiner Art ist, denn allein heute bevölkern bereits über 9 Millionen Roboter unseren Planeten. Und es werden täglich mehr.

Beginnen wir mit den einfachsten Fakten. Zima Blue ist also ein Poolreinigungsroboter, der sich über die Jahrzehnte und Jahrhunderte zu einer dem Menschen sehr ähnlichen Gestalt entwickelt hat. Wir wissen auch, dass Menschen ihn in seiner Entwicklung beeinflusst haben, da er sich zu Beginn gerade einmal selbst steuern konnte. Sie haben ihn so programmiert, dass er das tat, was sie von ihm verlangten und auch erwarteten: ihnen das Leben so angenehm und einfach wie möglich zu machen. Eine moderne Form der Sklaverei? Vielleicht.

Man muss bei diesem Thema grundsätzlich beachten, dass Menschen ein sehr unterschiedliches Verhältnis zu Robotern und zur künstlichen Intelligenz (kurz KI genannt) haben. Sieht man ihn als eine Maschine, die eine Art Haushaltsgerät darstellt, oder sieht man ihn als eine neue Spezies, die eine eigene Seele besitzt. Also aus biologischer Perspektive, als eine neue Lebensform. Stephen Hawking beschreibt dieses Thema in seinem Buch Kurze Antworten auf große Fragen folgendermaßen: „Ein Lebewesen wie Sie oder ich ist gewöhnlich auf zwei Voraussetzungen angewiesen: einen Satz Anweisungen, die dem System sagen, wie es weiterlebt und wie es sich reproduziert, und auf einen Mechanismus, der die Anweisungen ausführt. In der Biologie heißen diese beiden Voraussetzungen Gene und Stoffwechsel. Aber es ist darauf hinzuweisen, dass sie keineswegs biologisch sein müssen. Beispielsweise ist ein Computervirus ein Programm, das Kopien seiner selbst im Speicher eines Computers herstellt, um sich dann selbst auf andere Computer zu übertragen. Damit entspricht es der von mir genannten Definition eines lebenden Systems. Wie ein biologisches Virus ist es eine ziemlich degenerierte Form eines solchen Systems, weil es nur Anweisungen oder Gene enthält, aber keinen eigenen Stoffwechsel. Stattdessen programmiert es den Stoffwechsel des Wirtscomputers oder der Wirtszelle um. Gelegentlich hat man infrage gestellt, dass Viren Lebewesen seien, weil sie Parasiten sind und nicht unabhängig von ihren Wirten existieren können. Doch dann sind die meisten Lebensformen – auch wir selbst – Parasiten, denn sie ernähren sich von anderen Lebewesen und sind von ihnen abhängig, um zu überleben. Daher denke ich, dass Computerviren durchaus als Lebewesen zu betrachten sind.“ Vertritt man Hawkings Meinung wären auch Roboter als Lebewesen zu betrachten, da sie zwar keine Gene in sich tragen, aber Anweisungen erhalten können und Mechanismen besitzen, die diese umsetzen.

Zu Beginn der technologischen Entwicklungen waren Roboter nur ein Konstrukt menschlicher Fantasie, Stoff aus dem später bekannte Science-Fiction-Blockbuster entstanden – oder auch die Geschichte von Zima Blue. Wesen aus Drahtverbindungen und rohem Metall. Heute sind sie Symbol für Innovation und Fortschritt. Die meisten Menschen gehören der Gruppierung an, die das Thema eher skeptisch betrachtet und diesen Maschinen gewisse Fähigkeiten von vorne herein abspricht. Gerade im Westen ist das Vertrauen in die technischen Möglichkeiten einer künstlichen Intelligenz begrenzt. Man hat Angst davor, eines Tages von der neuen Spezies überholt und kontrolliert zu werden. Diese Angst ist im Großen und Ganzen gar nicht so unberechtigt. Betrachtet man die Möglichkeiten, die beispielsweise die chinesische Öffentlichkeitsüberwachung bieten kann, wird einem schon ganz mulmig. Man kann auf Schritt und Tritt überwacht werden und Roboter, von denen man sich seltsamerweise beobachtet fühlt, verstärken diesen Effekt. Zu diesen Ängsten tragen auch weitere Emotionen bei, und zwar die, die uns durch die Filmindustrie vermittelt werden: Roboter sind Kampfmaschinen – Assassinen – die dem Protagonisten (dem Menschen) als scheinbar übermächtiger Feind entgegentreten, um die Weltmacht an sich zu reißen. Die Liste dieser Filme ist lang. Von der Terminator-Reihe, über Matrix, Robocop, bis zu 2001 – Odyssee im Weltall. Sie alle zeigen überwiegend die böse Seite der künstlichen Intelligenz. Letzterer Film aus dem Jahr 1968 sorgte dafür, dass seitdem das rote Auge die böse KI symbolisiert.

Ein gänzlich anderes Verständnis über künstliche Intelligenzen und Maschinen haben die Japaner. Hier ist die Akzeptanz für Roboter am höchsten. In Japan ist eine derartige Maschine der beste Freund des Menschen, ähnlich wie man in Europa den Hund als besten Freund bezeichnet. Aber warum ist das so? Warum haben die Japaner so ein nahezu inniges Verhältnis zu Robotern und der KI? Ein wesentlicher Aspekt, neben dem technologischen Fortschritt, ist der Shintoismus. Der Shintoismus ist eine Glaubensrichtung, die auch „leblosen“ Dingen eine göttliche Seele zuschreibt. Demnach hat alles in der Natur eine eigene Seele und damit auch das, was der Mensch erschafft. Man könnte es auch als eine Art Animismus (eine Anschauung, die die Seele als Lebensprinzip betrachtet) bezeichnen, der in der Religion – also in etwas transzendentem – verwurzelt ist. Vielleicht ist die Transzendenz (also das Überschreiten der Grenzen von Erfahrung und Bewusstsein) auch der Grund warum wir Roboter als Abbild unserer Selbst gestalten. Eine Art Schöpfermythos – schließlich soll auch Gott den Menschen als sein Abbild erschaffen haben. Und nun, mit der neuen Spezies haben wir, nach etlichen Klonungen, endlich einen neuen Weg gefunden, um „Gott“ zu spielen. Auch eine gewisse Urangst vor dem Altern und dem Sterben könnte uns dazu veranlassen, diese Maschinen an unserem Aussehen zu orientieren. Wohlmöglich brauchen wir etwas, das uns das Gefühl gibt, annähernd unsterblich zu sein. Ein Beispiel dafür ist meiner Meinung nach Professor Hiroshi Ishiguro, der Schöpfer einer der menschenähnlichsten Maschinen der Welt – der Androidin Erica, die vollautonom funktioniert und durch jedes Gespräch, das sie führt, Neues dazulernt. Einige Jahre vor Erica erschuf Professor Ishiguro einen Roboter nach seinem Abbild – seinen eigenen Zwilling. Er sagte, dass er an sich selbst Operationen durchführen ließe, um nicht zu sehr zu altern, während sein Roboter eben nicht altern könne. Ein wenig skurril sich operieren zu lassen, um auszusehen wie eine menschenähnliche Maschine – eine jüngere Version seiner selbst. Ebenso verwirrend wie seine Aussage, dass er sich zu seinem Ebenbild emotional gar nicht hingezogen fühlt. Beide Roboter haben eine sehr weiche Silikonhaut, sogar mit einer Art von künstlichen Hautporen. Die Maschine wirkt dadurch ganz und gar nicht kalt. Deshalb werden Roboter auch so menschenähnlich wie möglich kreiert – die Akzeptanz der Menschen soll dadurch steigen, da uns das, was wir sehen, sehr bekannt vorkommt. Doch die vollkommene Akzeptanz kann nur erreicht werden, wenn sich das Objekt nicht im sogenannten Uncanny Valley (oder auch in der Akzeptanzlücke) befindet.

Die Akzeptanzlücke bezeichnet einen bislang hypothetischen und paradox erscheinenden Effekt. Er wurde erstmals 1970 von Masahiro Mori, einem japanischem Robotiker, als Phänomen des unheimlichen Tals beschrieben. Heute bezeichnet der Effekt, die fehlende Akzeptanz von Robotern oder Avataren mit ihrem technisch simuliertem, non-verbalem Verhalten. Diese Akzeptanz wird in einer Kurve festgehalten, die allerdings nicht stetig linear mit der Menschenähnlichkeit, dem Anthropomorphismus, der Figur steigt. Innerhalb einer bestimmten Spanne findet ein starker Einbruch statt – das unheimliche Tal. Menschen empfinden abstrakte, künstliche Figuren sympathischer und akzeptabler als jene, die besonders menschenähnlich oder natürlich gestaltet sind. Das liegt meist daran, dass diese Figuren zwar aussehen wie ein Mensch, aber eine winzige Kleinigkeit den Betrachter in bestimmter Weise abschreckt oder eben ein gewisses Unbehagen auslöst. Beispielsweise die Augen oder die Bewegungen der Objekte. Die Augen wirken oft künstlich und die Bewegungen sind nicht so feinmotorisch wie die eines richtigen Menschen, dadurch verrät sich die Maschine. Erst ab einem sehr hohen Grad des Anthropomorphismus steigt die Kurve aus dem Valley auf. Dementsprechend wäre die Akzeptanz dann am höchsten, wenn sich die Imitation überhaupt nicht mehr vom echten Menschen unterscheiden würde. Der Roboter hätte damit die Gleichstellung mit dem Menschen erreicht.


Zima Blue beschäftigt sich in der Geschichte unter anderem mit vielen Dingen, die uns als Menschen nur zu bekannt sind: die Suche nach einem tieferen Sinn, angestrebter Perfektionismus, die Suche nach der Wahrheit im Weltall und auch mit dem Sterben (in Zimas Fall kann man die Dekonstruktion als Sterben bezeichnen, da er seine komplexen Gehirnfunktionen nach und nach abschaltet). Mit diesen Aspekten möchte ich mich im Folgenden beschäftigen. Zima bezeichnet die menschliche Form als „zu nichtiges Subjekt“, was ihn zu einer Art Sinnsuche führt. Eine Eigenschaft, die keine Spezies auf diesem Planeten, außer dem Menschen selbst, besitzt. Tiere kümmern sich nicht um Sinnfragen. Mit der Transzendenz im Allgemeinen nicht. Sie leben nämlich nach ihren angeborenen Instinkten und der von der Natur vorgegebenen Nahrungskette. Ihnen geht es mit jedem einzelnen Tag nur darum, dass sie selbst und – wenn vorhanden – ihr Nachwuchs den darauf folgenden noch erleben können. Fressen oder gefressen werden oder nach Darwin – the survival of the fittest – das Überleben des Stärkeren. Der Mensch steht stattdessen ganz oben an der Nahrungskette und hat nur noch Grundinstinkte, denen er ausschließlich folgt, wenn sein Körper Gefahrensituationen ausgesetzt ist. Die Position an der Spitze der Kette ist auch nur dem Fakt geschuldet, dass sich der Mensch eben zu diesem Wesen entwickelt hat, das er heute ist. Eine über fast allem erhabene Lebensform. Aber ist es für einen Roboter denn möglich sich mit der Transzendenz zu beschäftigen? Wenn ja, würde dies bedeuten, dass sie in der Lage wären Gefühle und Emotionen empfinden zu können – ein grundlegender Baustein für transzendentes Denken. Demnach würden Maschinen ebenfalls Religionen gründen, sich Gedanken über die Existenz eines höheren Wesens beziehungsweise eines Gottes machen und gegebenenfalls an ein Leben nach dem Tod glauben. Wenn man bei ihnen von einem richtigen, endgültigen Tod sprechen kann. Auch die Kunst könnte für Roboter dann eine Ausdrucksweise sein. Zima Blue hat seine eigene Geschichte in Gemälden festgehalten. Wo zunächst nur eine Galaxie war, war irgendwann dieses kleine, unscheinbare Quadrat. Seine Form und auch die Dimension des Quadrats verändern sich mit der Zeit, bis nichts mehr da ist als diese große blaue Leinwand, die wiederum mit jedem weiteren Gemälde größer und größer wird. Diese Schilderung in der Geschichte steht für die Entwicklung seines eigenen Lebens, wie man am Ende erkennt. Zima verarbeitet mit der Kunst seine Vergangenheit, die er erstaunlich gut reflektieren kann. Hinter jedem Detail seiner Malerei steckt somit eine Intension. Eine Intension, die man einem Roboter heute noch nicht zuschreiben könnte. Eine solche detailreiche Planung überschreitet aktuell die Fähigkeiten einer heutigen Maschine. Man könnte sie darauf programmieren ein bestimmtes Gemälde auf eine Leinwand zu bringen, aber in wie weit steckt dann der „Wille“ des Roboters in diesem Werk – geschweige denn eine eigene Intension. Maschinen lernen unheimlich schnell. Man erinnere sich nur an das Beispiel Erica, die in ihrem virtuellen Gehirn (einem Computer) mit jedem geführten Gespräch zeitgleich weitere Verknüpfungen vornimmt und sich dadurch stetig weiterentwickelt. Gespräch für Gespräch. Mit dem Fortschritt der Technik könnte es vielleicht möglich sein, einen Roboter zu genau solchen Handlungen zu befähigen. Wir werden wohl sehen müssen, was uns die Zukunft diesbezüglich bringt.

Zima Blue ist des Weiteren mit seinem kreativen Schaffen, trotz des ganzen Ruhms, nicht zufrieden. Er will seinen Sinn finden, was es auch kostet. Auch der Mensch stellt sich die Frage seiner eigenen Existenz: Warum gibt es uns? Gibt es einen bestimmten Grund für alles? Woher kommen wir eigentlich? Und sind wir wirklich allein in diesem unendlichen Universum? Wir suchen schon lange nach der Wahrheit im Weltall. Bereits in der Steinzeit hob der Mensch seinen Blick zum Himmel und fragte sich wahrscheinlich, was dort wohl vor sich gehen möge. Mit der anfänglichen Astronomie entdeckte der Mensch, was sich außerhalb der irdischen Atmosphäre abspielte. Allerdings nicht über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus. Heute wissen wir zwar deutlich mehr, jedoch ist das, was wir an Informationen haben nur ein kleiner Bruchteil des Ganzen. Noch hat der Mensch das Rezept des Lebens im Universum noch nicht erfasst, geschweige denn, woraus und vor allem wodurch das Universum eigentlich entstanden ist. Unsere Zukunft deutet jedoch unweigerlich in diese Richtung. Der Planet Erde wird in geraumer Zeit die Menschheit nicht mehr tragen können und wahrscheinlich werden wir sehr stark auf unsere Technologien – und dementsprechend auf unsere Roboter – angewiesen sein. Vielleicht werden wir uns selbst zu vollkommenen Cyborgs machen, um noch weiter in den Kosmos blicken zu können. Ähnlich wie die angeblichen kybernetischen Modifizierungen an Zimas Körper.

In den vergangenen 10000 Jahren hat es in der menschlichen DNA keine bemerkenswerten Veränderungen gegeben. Stephen Hawking geht in seinem Buch davon aus, dass wir uns in den nächsten tausend Jahren komplett neu gestalten könnten. Die DNA haben wir bereits entschlüsselt und somit das Buch des Lebens zu Ende gelesen. Jetzt können wir eigentlich damit beginnen, diverse Korrekturen à la Spiderman oder Wolverine an uns vorzunehmen. Zuerst werden wir versuchen genetische Defekte auszumerzen. Erkrankungen, die durch einzelne Gene entstehen und somit relativ einfach zu finden und zu korrigieren sind. Für andere, für die eine Vielzahl von Genen verantwortlich ist, wird es um einiges schwieriger werden, da man sie erst identifizieren und dann ihre Beziehung zueinander ermitteln muss. Stephen Hawking war sich sicher „dass die Menschen während des nächsten Jahrhunderts entdecken werden, wie man Intelligenz und Instinkte – etwa den Aggressionstrieb – modifizieren kann.“ und dass man „wahrscheinlich Gesetze gegen die gentechnische Veränderung von Menschen erlassen [wird]. Aber einige Forscher werden der Versuchung nicht widerstehen können, die menschlichen Fähigkeiten zu verbessern, etwa das Gedächtnis, die Krankheitsresistenz und die Lebenserwartung. Sobald die ersten Musterexemplare dieser ››Übermenschen‹‹ auftauchen, wird es erhebliche politische Probleme mit den Menschen geben, die nicht verändert und nicht verbessert sind und folglich nicht mehr konkurrenzfähig sein werden. Sie werden vermutlich aussterben oder zur Bedeutungslosigkeit verurteilt sein. Ein Geschlecht von Lebewesen wird den Ton angeben, das sich selbst designt und sich in immer rascherem Tempo optimiert.“

Unsere Welt gibt uns die ersten Anzeichen dafür, unser eigenes Sonnensystem zu verlassen und andere im Kosmos zu erforschen. Es wird vielleicht die einzige Möglichkeit sein, die gesamte Menschheit, vor der bevorstehenden, drastischen Erderwärmung und besonders vor uns selbst, zu retten. Eine weitere Textstelle in Kurze Antworten auf große Fragen bringt es auf den Punkt: „Wir können ein ignoranter, gedankenloser Haufen sein. Als wir in unserer Geschichte mit vergleichbaren Krisen konfrontiert waren, konnte man sich anderswo ansiedeln. Man denke nur an Kolumbus und seine Entdeckung der Neuen Welt 1492. Aber jetzt gibt es keine neue Welt mehr, kein Utopia gleich um die Ecke. Unser Lebensraum wird knapp. Uns bleibt keine andere Wahl, als auf andere Welten auszuweichen.“

Der Mensch strebt so sehr nach Konsumgütern und einem höheren Lebensstandard, dass er viel zu spät merken wird, was er mit seinem Handeln und seiner Bequemlichkeit alles zerstört hat. Die von uns verursachte globale Erwärmung sollte uns noch stärker antreiben unsere Technologien soweit zu verbessern, um andere Lösungen zu finden. Lösungen mit denen unsere Nachkommen leben können. Ob es nun Roboter sein werden oder eine optimierte Version unserer selbst – technisch sind einige Optionen bereits möglich: ersteres wäre, mithilfe von Gentechnik DNA-basiertem Leben eine weitaus höhere Lebenserwartung zu verschaffen, zweiteres (und aktuell ist dies wahrscheinlich die leichtere Option) bestünde die Möglichkeit, Maschinen auf interstellare Reisen zu schicken. Wenn ihre Lebensdauer die Reise überstehen würde, könnten sie sich – sobald sie einen geeigneten Planeten erreichten – auf diesem, durch die dort vorhandenen Bodenschätze reproduzieren, um dann weitere Welten zu suchen. Dies würde allerdings bedeuten, dass diese Maschinen das DNA-basierte Leben als Lebensform ersetzen würden. Wie einst die DNA frühere Lebensformen ersetzt hatte. Dass das eine wirkliche Lösung für die Menschheit zu sein scheint, wage ich zu bezweifeln. Wissenschaftler versuchen schon seit Jahrzehnten herauszufinden, ob es umsetzbar wäre, durch Wurmlöcher erdähnliche Planeten zu erforschen und auf diese auszuweichen. Aktuell sind der NASA eine Vielzahl von erdähnlichen Planeten bekannt, von denen uns einer eines Tages vielleicht Zuflucht bieten könnte. Ein Himmelskörper-Urgestein, das der Erde bisweilen am ähnlichsten ist, wird Kepler-452b genannt und befindet sich 1400 Lichtjahre von uns entfernt. 1,5 Milliarden Jahre älter und deutlich größer, erscheint Kepler452b der perfekte Anwärter für unsere neue Welt zu sein, denn die Ähnlichkeiten zu unserer Erde verblüffen selbst die Wissenschaftler der NASA.

Kepler-452b kreist im Sternenbild Schwan, mit einer Umrundungsdauer von 385 Tagen, um seine Sonne Kepler-452. Kepler-452 ist etwas heller und größer als unsere eigene Sonne und macht, aufgrund der Umlaufbahn von Kepler-452b, flüssiges Wasser möglich. Beweise gibt es dafür aber leider noch nicht. Dennoch – wir wissen schon lange, das Wasser für das Entstehen von Leben ungemein wichtig ist, sozusagen die „Geheimzutat“ der Schöpfung darstellt.

Mit der aktuellen Technologie ist es noch Zukunftsmusik ein bemanntes Raumschiff oder einen Roboter dorthin zu schicken. Zum Pluto hat die Sonde New Horizons bereits neun Jahre benötigt, während das Licht der Sonne ihn gerade einmal in viereinhalb Stunden erreicht. Für Kepler-452b würde man demnach viel zu viel Zeit benötigen, dass eine Forschungsmission einen Sinn ergeben würde. Gehen wir hypothetisch davon aus, dass diese Mannschaft bei Lichtgeschwindigkeit reist und ihre Lebensdauer drastisch verlängern könnte, bis man den Planeten erreicht, ihn untersucht hätte und dann zurückgekehrt wäre, könnte die Menschheit schon längst ausgestorben sein. Wenn nicht, dann wären zumindest alle tot, die die Crewmitglieder je gekannt und geliebt hatten. Um das Problem zu beheben wäre eine Abkürzung – ein Wurmloch – nötig, das Aufgabengebiet der astronomischen Wissenschaftler. Theoretisch könnte es Wurmlöcher geben. Doch wie entstehen sie und wo können wir sie finden? Wäre es möglich ein Wurmloch selbst zu erschaffen? Wie würde man aber das zweite Ende platzieren, um zu Kepler-452b zu gelangen? Viele und besonders wichtige Probleme, die noch gelöst werden müssen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es zum aktuellen Zeitpunkt ziemlich schwer ist, die Möglichkeiten von Maschinen – und damit automatisch die Möglichkeiten des Menschen – zu beurteilen und darüber Prognosen zu stellen. Unsere Technologien weisen viel Potenzial auf, das nur darauf wartet, genutzt zu werden. In der Theorie kann man davon ausgehen, dass Roboter als eine eigene, neue Lebensform anerkannt werden sollten und dass wir mit diesen

Maschinen zusammenleben können und auch müssen. Ob der Mensch nun berechtigte Ängste gegenüber künstlicher Intelligenzen hegt, ist in gewisser Weise irrelevant, denn der Mensch wird zwangsläufig mit der technischen Entwicklung leben müssen, um die nächsten Jahrhunderte überleben zu können. Denn mit unserem derzeitigen Verhalten, werden wir ohne die Hilfe der fortgeschrittenen, und vor allem ohne die intelligente Technologie, auf diesem Planeten ein schnelles Ende finden.

Zima Blue als Geschichte kann eine kleine Aussicht auf unsere technologische Zukunft geben, allerdings würde ich sie für die heutigen Verhältnisse eher als eine schöne Inspiration erachten, da wir von dieser Form noch weit entfernt sind. Wovon wir allerdings ausgehen können ist, dass der Mensch anfangen wird, an seiner eigenen Spezies zu experimentieren. Geschichten, wie beispielsweise Frankenstein zeigen, dass die Neigung zu solchen Maßnahmen bei uns veranlagt zu sein scheint. Ob daraus etwas Nützliches entstehen wird, kann nur die Zeit zeigen. Ich hoffe jedoch, dass der Mensch in der Lage sein wird, eine gute Lösung ausfindig zu machen. Eine, die vor allem die nachkommenden Generationen in ihrem Leben nicht einschränkt.











Kurze Quellenangabe: 1) Netflix-Serie: Love, Death + Robots, Folge „Zima Blue“ 2) Der Aufstieg der Roboter – Mensch 2.0 (Doku) https://www.youtube.com/watch?v=vC8LvWhFlgg&t=941s 3) Stephen Hawking: Kurze Antworten auf große Fragen (E-Book) 4) Verblüffender Planet: Kepler-452b https://www.geo.de/geolino/forschung-und-technik/804-rtkl-weltraumforschung-verblueffender-planet-kepler-452b

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